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Rysy

1. Versuch: Dichte Wolken umhüllen den Gipfel Einer der wenigen hohen Gipfel in der slowakischen Hohen Tatra, die ohne Bergführer bestiegen werden können, ist der Rysy. Da er zugleich der höchste Berg Polens ist, hat die Besteigung einen besonderen Reiz. Und sein Gipfel soll der schönste Aussichtspunkt der gesamten Tatra sein.
Ich starte meine Tour früh am Morgen an der Haltestelle der Tatrabahn Popradske pleso. Noch sind die Gipfel wolkenverhangen, aber ich hoffe auf einen schönen Tag. Die erste Stunde bedeutet Anmarsch auf einer Teerstraße, nicht gerade das wahre Vergnügen. Doch dann ist der schön gelegene Popradske pleso (Popradsee, Poppersee) und die Chata kapitana Moravku (Schutzhütte des Kapitäns Moravek) erreicht.
1. Versuch: Felsen und Blumen sind vereist Von nun an macht das Wandern Spaß, durch Kuschelkiefern zieht der Weg weiter hinein in das Tal Mengusovska dolina. Schließlich wird es steiler, die Kuscheln bleiben zurück. An zwei kleinen Bergseen vorbei geht es zu einer Steilstufe im Fels. Sie ist mit Ketten gesichert und stellt kein ernsthaftes Problem dar. Danach steige ich auf steilem, aber gut ausgebautem Steig weiter nach oben. Schutzhütte Chata pod RysmiLeider haben sich die Wolken nicht verzogen und ich tauche ein in ein milchiges Weiß. Nach zirka drei Stunden ist die höchstgelegene Berghütte der Tatra, Chata pod Rysmi (Rysyhütte), erreicht. Im gut gefüllten Gastraum genehmige ich mir einen Tee und wärme mich etwas auf.
Erste Tiefblicke ins Tal Zabia dolina mit dem Anstiegsweg Doch dann stellt sich die Frage, wie weiter. Aufsteigen zum Gipfel bei minimaler Sicht? Warten auf Wetterbesserung? Oder wieder zurück ins Tal? Jede Entscheidung kann falsch sein. Ich schultere den Rucksack und steige weiter auf. Schon nach wenigen Minuten erreiche ich den Sattel Sedlo Vaha. Ein eiskalter Wind bläst mir ins Gesicht. Felsen, Pflanzen und Bart sind zum Teil vereist. Wegspuren und -markierungen weisen die Richtung im dichten Nebel. Ich fange an, meine Entscheidung in Frage zu stellen, der Gedanke an Umkehr wird lauter. Doch noch während ich darüber nachdenke, tauchen vor mir ein Betonklotz und ein Schild auf. Ich staune, nach allen Seiten geht es nur abwärts. Ich bin oben! Schnell ein Gipfelfoto im Nebel, kurz hinter das slowakisch-polnische Grenzschild gehüpft, dann verziehe ich mich in den Windschatten. Der Berg gehört mir allein, doch so etwas wie Gipfelglück will sich nicht einstellen. Die Sorge um den Abstieg überwiegt. Dann höre ich Stimmen, zwei Slowaken kommen nach oben. Ein schönes Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Zu dritt machen wir uns schließlich an den Abstieg. Langsam, immer wieder nach dem richtigen Weg suchend, tasten wir uns nach unten. Ich atme auf, als wir die Hütte erreichen.
Während ich bei einer Tasse Tee langsam auftaue, beschließe ich, einige Zeit hier an der Hütte zu warten. Vielleicht reißt der Himmel ja noch auf. Am Gipfel Zwei Stunden und vier Tees später reicht der Gastraum der Hütte nicht mehr aus für all die vielen Wanderer und Bergsteiger. Draußen ist die Sicht besser geworden, etliche Leute sind unterwegs nach oben. Man kann den Sattel im Dunst ausmachen, die Orientierung stellt somit kein Problem mehr dar. In Richtung Tal haben sich schon größere Wolkenlücken aufgetan. Also gehe ich den Weg zum Gipfel ein zweites mal an. Nun macht die Kraxelei auch Spaß. Oben treffe ich auf viele Wanderer, einige sind von der polnischen Seite aus aufgestiegen. Leider ist noch immer keine Sicht. Aber es ist wärmer und so ist Zeit für eine gemütliche Gipfelrast. Ich plaudere etwas mit einer Deutschen, die ebenfalls allein hochgekommen ist. Ja und schließlich bricht die Sonne durch die Wolken. Das RysymassivWir sehen Teile des Tatrahauptkamms. Durch Lücken in den Wolken werden kurze Tiefblicke möglich. Auf polnischer Seite erscheinen die Seen Czarny Staw und Morskie Oko. Faszinierend! Und auf slowakischer Seite sieht man den Aufstiegspfad und die Seen Zabie plesa.
Der Rest ist schnell erzählt. Wir steigen ab zur Hütte, ein letzter Tee, und dann weiter hinab ins Tal. Nun sieht man auch den Gipfel, nur noch von einzelnen Wolkenfeldern garniert. Eine letzte Rast am Popradsee, ein Besuch des nahegelegenen symbolischen Friedhofes für verunglückte Bergsteiger, dann geht es endgültig zurück zum Ausgangspunkt der Tour.

August 2001

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Rysy, Tatra, Hohe Tatra